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Kunde

Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht

Leistungen

Ausstellung, Orientierung, Mediaguide, Medienstationen

Polizeigewalt und Zwangsarbeit

Anfang Juli 2020 eröffnete die neue Dauerausstellung in der Gedenkstätte Gestapokeller im Osnabrücker Schloss und in der Gedenkstätte Augustaschacht auf dem ehemaligen Gelände des Arbeitserziehungslagers Ohrbeck bei Hasbergen. Zwei Jahre lang hat ein interdisziplinäres Team von oblik identity design und GfG / Gruppe für Gestaltung an der Gestaltung dieser beiden wichtigen Erinnerungs- und Lernorte gearbeitet.

Die beiden Teilausstellungen zeigen ein bislang wenig beachtetes Verbrechen des NS-Regimes: das systematische und gewalttätige Vorgehen der Gestapo gegen ausländische Zwangsarbeitende.

Mit der neuen Dauerausstellung werden künftig noch mehr Besucher*innen erwartet. Bisher besuchten jedes Jahr im Schnitt 7.000 Menschen die beiden Gedenkstätten und ihre zahlreichen Veranstaltungen. Viele Angebote speziell für Schüler*innen und Jugendliche, wie zum Beispiel Workcamps und Zeitzeugenprojekte, machen die historischen Zusammenhänge und die Erinnerungskultur für die junge Generation zugänglich. Insbesondere für diese so wichtige politische Bildungsarbeit bieten sich mit der Ausstellung viele neue Perspektiven.

Zwei Tatorte des Nationalsozialismus

Zwischen den beiden Gedenkstätten liegen zwar fast zehn Kilometer, aber durch ihre Geschichte sind sie eng miteinander verbunden – beide markieren Tatorte, an denen die Gestapo im Nationalsozialismus Menschen überwachte, verfolgte und terrorisierte. Der Keller des Osnabrücker Schlosses diente als Gefängnis und Verhörraum; im sogenannten Arbeitserziehungslager in Ohrbeck wurden männliche Gefangene – Zwangsarbeiter aus ganz Europa, politisch Andersdenkende und Angehörige religiöser Minderheiten – brutal bestraft und ausgebeutet.

Räume erzählen

Die wichtigsten Exponate der Ausstellungen sind die Orte selbst: die ehemalige Gestapostelle im Westflügel des Osnabrücker Schlosses und der „Augustaschacht“, ein im zweiten Weltkrieg zum Gefangenenlager umfunktioniertes Pumpengebäude des Stahlwerks Georgsmarienhütte.

„Ausgangspunkt unserer gestalterischen Überlegungen war, dass wir den Ort nicht als Ausstellungsraum benutzen wollten, sondern ihn stattdessen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken“, sagt David Lindemann, verantwortlich für das Projekt bei oblik. „So verknüpfen wir die Inhalte mit der Wahrnehmung der historischen Orte.“

Ausgehend von den Räumen wird also die Geschichte erläutert, sind Zeitzeugen zu hören, werden Bild- und Textdokumente ebenso wie ausgewählte Objekte im Kontext des Ortes und der mit ihm verbunden Geschichte dargestellt. Dafür „distanziert“ sich die Ausstellung: Alle Elemente sind konsequent in der Raummitte angeordnet, halten Abstand zu den Wänden, verstellen den Blick nicht. Die Gestaltung lenkt den Blick immer wieder auf den historischen Ort.

Digitales Fenster in die Vergangenheit

Besucher*innen der Gedenkstätte Augustaschacht können die Räume und das Gelände selbstständig und mit medialer Unterstützung erkunden. „Der Mediaguide ist unser digitales Fenster in die Vergangenheit des Ortes“, erläutert David Lindemann. „So wird zum Beispiel anhand von Raumskizzen mit 180-Grad-Fotos die lagerzeitliche Baustruktur sichtbar und damit der reale Raum ‚lesbar‘.“ Als digitale Vertiefungsebene lässt der Mediaguide Zeitzeugen sprechen und verbindet Erzählungen, Dokumente und Exponate mit dem Ort. Auch viele Ausstellungsmodule sind mit modernen Vermittlungstools wie Touchscreens, Audiodokumenten und Projektionen ausgestattet.

Außengelände

Der Außenbereich rund um die Gedenkstätte ist mit einem neu gestalteten Rundweg erschlossen. Auf dem Gelände erinnern wenige, zum Teil nur noch als Grundmauern vorhandene Relikte, an die Zeit des Arbeitserziehungslagers. Die Ausstellung setzt sich im Außenbereich fort. Wie auch innerhalb des Schachtgebäudes wird das Gelände lesbar gemacht und bestimmte Orte wie der Appellplatz oder die Fundamente des ehemaligen Latrinengebäudes werden zum Ankerpunkt für Teile der Erzählung. Mit dem Ort verknüpfte Ereignisse und Erinnerungen werden in Ergänzung zur sachlichen Information auf Textebene im Mediaguide abrufbar gemacht.

Digitale Recherche in der Gestapokartei

Der zweite Teil der Ausstellung befindet sich im Westflügel des Osnabrücker Schlosses, welches heute Teile der Universität beherbergt. Von hier aus überwachte die Gestapo die Bevölkerung der Region sowie im Zweiten Weltkrieg vor allem Zwangsarbeiter*innen, die aus vielen verschiedenen Ländern Europas nach Deutschland verschleppt worden waren. Die Ausstellung thematisiert diesen bislang wenig beachteten Teil der Verfolgungsgeschichte. Herzstück der Ausstellung ist die Kartei der Gestapo Osnabrück, von der 49.390 Karten überliefert sind. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde die Kartei vollständig digitalisiert und verschlagwortet, sodass Besucher*innen nun die Möglichkeit haben, selbstständig zu recherchieren.

Orte lesbar machen

Um die Orte so zu verstehen, wie man sie heute erlebt, muss man ihre verschiedenen Zeitschichten erfassen und lesen können. Die Ausstellung verfügt im realen wie virtuellen Raum über Ortsinformationen. Hier erfahren Besucher*innen, wie sich ein bestimmter Gebäudeteil über die Jahrzehnte entwickelt hat und wie er wann genutzt wurde. Orientierungssystem, Ortsinformation, Ausstellung und digitale Vertiefung sind die vier Pfeiler des Gestaltungskonzepts.

Auftraggeber
Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e. V.
Projekt
Dauerausstellung ›Polizeigewalt und Zwangsarbeit‹
Branche
Bildung
Standort
Osnabrück / Hasbergen
Leistungen oblik 2018–2020
Ausstellung, Orientierungssystem, Multimedia-Guide, Medienstationen, Printmedien, Broschüre
In Zusammenarbeit mit
GfG Gruppe für Gestaltung
Kuratoren
Dr. Michael Gander (Geschäftsführer, Projektleitung), Dr. Janine Doerry (Projektkoordination), Dr. Matthias Gafke, Dr. Michael Pittwald, Tanja Vaitulevich
Projektbeteiligte
afaw design GmbH (Werbetechnik), raumwerk gmbh (Tischlerei), AV Mediacom – Harald Wurm (Medientechnik)
Fotos
Michel Iffländer, GfG / Gruppe für Gestaltung

In enger Kooperation haben die Bremer Gestaltungsbüros oblik und GfG/Gruppe für Gestaltung das Projekt begleitet – von der Konzeption über die Umsetzung bis hin zur Eröffnung im Juli 2020. Schwerpunkt der Arbeit beider Büros war die Gestaltung des Rundgangs im Außen- und Innenraum, der Ausstellung und des Foyers sowie der digitalen Vermittlungselemente wie Medienstationen und Mediaguides.